Sigmar Gabriel fordert Tempolimit und lässt sich mit 180 km/h „erwischen“?

| 10. September 2013

Eine peinliche Schlappe für Sigmar Gabriel kurz vor der Bundestagswahl:

Im Mai diesen Jahres forderte er ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Im schwebten da 120 Stundenkilometer als Obergrenze vor. Bereits mit dieser Forderung zog er sich im Mai den Ärger von Peer Steinbrück zu, der wohl auf keinen Fall die Autofahrernation gegen sich aufbringen wollte.

Mit 180 Stundenkilometern „erwischt“

TV-Reporter von „sternTV“ beobachteten Gabriels von einem Chauffeur gefahrene Dienstlimousine auf der Autobahn zwischen Hamburg und Osnabrück mit einem Tempo von rund 180 Stundenkilometern. Wichtig zunächst: Ein Tempolimit wurde nicht missachtet – die Fahrt war im Rahmen geltender Gesetze.

Sigmar Gabriel nahm dazu laut RP-Online Stellung. Sein Fahrer wollte Zeit wieder reinholen, während er im Fahrzeug hinten geschlafen haben will. Er wollte sich nicht damit entschuldigen, begründete die Fahrt mit dem Termindruck des Wahlkampfes. Bei Bild.de liest man weiter, dass Gabriel seinen Fahrer angewiesen hat, nie schneller als 130 km/h zu fahren, der Fahrer hätte es dennoch gut mit ihm und seinem Terminplan gemeint.

Gabriel spendet an die Verkehrswacht

Als symbolisches Strafmandat will Sigmar Gabriel nun 500 € an die Verkehrswacht spenden. Wäre das geforderte Tempolimit bereits geltendes Recht, hätte Gabriels Fahrer die zulässige Hochstgeschwindigkeit um rund 60 km/h überschritten. Der aktuelle Busgeldkatalog sieht hierfür ein Busgeld von 240 € sowie vier Punkte und einen Monat Fahrverbot vor, geht man davon aus, dass es ein Erstverstoß wäre (Quelle http://www.bussgeldkataloge.de/).

In dieser Relation sind die gespendeten 500 € noch recht mild, vor allem, wenn man das Fahrverbot bedenkt.

Kommentar: Tempolimit in Deutschland?

Das generelle Tempolimit in Deutschland ist eine „Heilige Kuh“ – auch wenn es niemand wirklich zugeben möchte, stehen deutsche Politiker bei diesem Thema ähnlich hilflos da, wie US-amerikanische beim Thema Waffengesetze.  Die grünen fordern dies seit Jahren mit Hinblick auf den recht geringen Nutzen hohen Tempos und dem deutlich höhereren Kraftstoffverbrauch. Die Automobilindustrie hält dagegen, man würde die „optimale“ Teststrecke verlieren oder wahlweise Premiumkäufer abschrecken. Gabriel begründete seinen Vorstoß nicht mit ökologischen Argumenten sondern mit der Verkehrssicherheit.

In Deutschland gilt generell auf Autobahnen die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Allerdings findet man auch auf vielen Autobahnen Streckenbegrenzungen auf 100 oder 120 km/h. Im europäischen Ausland ist die Situation von Land zu Land verschieden. Unsere Nachbarn in den Niederlanden haben nach Jahrzehnten Begrenzung von 120 km/h auf vielen Autobahnen das erlaubte Tempo auf 130 km/h angehoben. Österreich, Luxemburg, Dänemark, Frankreich, Rumänien, Tschechien und die Slowakei setzen auf maximal 130 km/h, Schweden und Albanien auf 110 km/h. Die Schweiz und Belgien begrenzen auf 120 km/h, in Polen und Bulgarien darf man sogar 140 km/h fahren.  (Quelle: Wikipedia)

Im weltweiten vergleich liegen viele Tempolimits bei 100 km/h – in diesem Vergleich wären wir mit 120 km/h Tempolimit gut aufgehoben. Allerdings sind wir in Deutschland nicht alleine. Es gibt durchaus weitere Staaten, die kein generelles Tempolimit haben. Allerdings findet sich keine der anderen Industrienationen darunter.

Sachliche Diskussion?

Ob aus Sicherheitsgründen, aus ökologischer Erwägung oder warum auch immer: Statt einen Politiker, der ein generelles Tempolimit fordert, mit Häme zu überschütten, sollten wir damit beginnen, sachlich über diese „Heilige Kuh“ zu sprechen.

Die reale Verkehrssituation lässt kaum Lücken für ein ungebremstes Fahren und die erlaubten 120 Stundenkilometer sind bereits auf sehr vielen Autobahnen über weite Strecken Realität. Die sachliche Diskussion über dieses Thema, gestützt auf wissenschaftliche Studien ist hier genauso nötig, wie die Amerikaner eine Änderung im Waffenrecht brauchen. Zeit, an die eigene Nase zu fassen.

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Kategorie: Nachrichten, Politik, Verkehr

pdreuw

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Peter Dreuw schreibt gern über technische und naturwissenschaftliche Themen aus dem Tagesgeschehen. Dazu kommt ein großes Interesse an aktuellen Gadgets, vorzugsweise mit einem angebissenen Apfel.

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