Initiative gegen Google Glass tritt an
Googles Datenbrille „Google Glasses“ erhitzt die Gemüter wie derzeit kein zweites Produkt, das noch gar nicht am Markt verfügbar ist. Bereits Anfang diesen Monats wurden Google Glasses im inzwischen durch die Aktion berühmten „5 Point Café & Bar“ in Seattle, USA ausgesperrt. Damals war man noch geneigt, dies für einen geschickten Schachzug aus dem Bereich des Guerilla-Marketing zu halten. Sicherlich hat diese Strategie für den Wirt auch funktioniert, denn welche Kneipe schafft es schon zu „Weltruhm“.
Debatte verschärft
Doch die Debatte, die durch die Aktion vom „5 Point Café & Bar“ in den Focus der Öffentlichkeit gerückt war, wird von den Lagern weiter verschäft.
Auf der einen Seite stehen die Verfechter der Freiheit, immer und überall mit den Datenbrillen online sein zu können – und natürlich auch knipsen zu können, was das Zeug hergibt. Beispielsweise wurde der Chefredakteur der Bild, Kai Diekmann, in den Kreis der Tester der Datenbrille aufgenommen, melden die Süddeutsche und Meedia.de.
Auf der anderen Seite stehen die Verfechter des Datenschutzes und des Rechtes, nicht ständig gefilmt bzw. überwacht zu werden. Aushängeschild dieser Gruppierung mag das Café aus Seattle sein, aber die Gruppe der Ablehnenden organisiert sich weiter: Ausgerechnet aus dem vereinigten Königreich stammt die Initiative „Stop The Cyborgs“. Dies verwundert etwas, da doch die britische Öffentlichkeit Videoüberwachung vor allem aus den Großstädten gewöhnt sein müsste. Möglicherweise ist aber gerade diese Tatsache der Punkt, weshalb die Initiative so empfindlich reagiert.
Unter Cyborgs versteht die Initiative die Träger der Google Glasses als „Dauervideoüberwachungsgeräte“. Die Initiative wendet sich nicht gegen das Google-Produkt speziell, sondern vielmehr gegen alle tragbaren Computer mit Kamera, mit der Live-Bilder jederzeit ins Internet übertragen werden können – vor allem, wenn der oder die gefilmten dies nicht bemerken können.
Derzeit ist Google Glass das einzige Produkt, dass im konkreten Fokus der Gruppe steht, aber es werden sicherlich Nachahmer-Produkte hierzu auf den Markt kommen.
Vision: jeder kennt jeden
Die Vision einer Datenbrille mit netzwerkgestützter Augmented Reality wird von vielen noch gar nicht ganz verstanden. Kombiniert man den dauernden Video-Datenstrom mit dem Internet, denken viele an die Überwachung des Trägers. Doch die Möglichkeiten gehen viel weiter, sehr viel weiter. Zum einen wird mit der Brille auf der Straße jeder Träger zum Street-View-Car. Ab einer gewissen Sättigung von Datenbrillen könne man auf die Idee kommen, einen Live-View zumindest von belebten Straßenzügen zu bekommen.
Gesichtserkennung?
Kombiniert man diese Video-Bilder aber mit einer Technologie wie beispielsweise Gesichtserkennung – diese wird von Facebook außerhalb der EU bereits erfolgreich auf Fotos eingesetzt – könnte es dazu führen, dass jeder Träger einer solchen Datenbrille sofort einen Abgleich mit allen möglichen Personendatenbanken bekommt – und so weiß, wer ihm gegenüber steht. Schnelle Computer vorausgesetzt, könnte die Datenbrille auch in der Fußgängerzone einblenden, wer wer ist – ggf. noch mit einer Sprechblase der letzten Tweets oder Facebook-Status-Updates.
Schrifterkennung und Spracherkennung?
Doch selbst da endet die Vision nicht unbedingt. Auch Techniken wie OCR (Optical Code Reading – Schrifterkennung) und auch Spracherkennung stellen heute kaum noch Probleme dar.
Betrachtet man mit einer Datenbrille also die Auslage eines Einzelhändlers, kann die Suchmaschine blitzschnell die Preise vergleichen. Man muss nicht mehr mit dem Smartphone Barcodes fotografieren oder EAN-Codes umständlich eintippen – hinschauen genügt. Selbst beim Schaufensterbummel kann dies en passant passieren. Damit werden Preise extrem schnell vergleichbar und die Suchmaschinen dringen weiter und tiefer in unser Leben ein. Sie werden uns sagen, kauf nicht dies, kauf das und kauf nicht hier sondern dort.
Leider ist dieser gottgleiche Berater aber auch käuflich: Man darf Werbung dort buchen. Woher soll man den wissen, wer diese Ratschläge finanziert? Vielleicht ist der Preisvergleich kein organisches Suchergebnis, sondern eine geschaltete Werbung? Auch darf der Träger einer solchen Datenbrille sich darauf einstellen, dass durch die Überwachung seines Lebens die ihm präsentierte Werbung gestützt durch hunderte weiterer Informationshäppchen noch mehr auf ihn abgestimmt wird.
Spracherkennung ist heute bereits mit einem Smartphone und eine Internetverbindung kein Problem mehr. Apples iPhone und ein Stückchen Software namens „Siri“ machen es vor. Man darf aber durchaus die Frage stellen, wie vertraulich ist das Wort – gesprochen mit einem Träger der Datenbrille. Ob dieser etwas dazu aktiv dazu tut oder auch nicht, bleibt dahingestellt. Auf jeden Fall trägt er ein Stück Hardware, dass uns belauschen und beobachten kann.
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