Französischer Geheimdienst fordert Löschung von Wikipedia-Artikel
Mit einer klaren Niederlage endete zunächst die Auseinandersetzung zwischen dem französischen Inlands-Geheimdienst Direction Centrale du Renseignement Intérieur (DCRI) und Wikipedia.
Der Geheimdienst forderte zunächst von Wikipedia die Löschung eines Artikels über die militärische Sendeanlage Pierre-sur-Haute. Angeblich beinhalte der Artikel geheime Informationen, die die nationale Sicherheit bedrohen würden. Dieses Ansinnen lehnte die US-Stiftung Wikipeda Foundation nach Beratungen ab. Man forderte vom Geheimdienst, die problematischen Passagen zu nennen.Alle Passagen des Artikels sollen aus öffentlichen Quellen stammen. Unter anderem wird ein TV-Beitrag eines regionalen Fernsehsenders TL7 genannt, in dem die Sendestation vorgestellt wird. Dort findet man auch ein Interview mit dem militärischen Leiter der Station. Das Video ist derzeit noch online auf den Seiten des Senders.
Bemerkenswert ist auch, dass der Artikel bereits seit Juli 2009 existiert. Der Löschversuch erfolgte erst jetzt.
Geheimdienst übt Druck auf ehrenamtliche Einzelperson aus
Der Geheimdienst jedoch setzte zu einem anderen Vorgehen an und übte Druck auf einen französischen Administrator der Wikipedia aus, der letztlich auch vermutlich aufgrund der Straf- und Haftandrohung den Artikel löschte. Allerdings funktioniert Wikipedia so nicht – ein gelöschter Artikel ist nicht verloren, sondern kann jederzeit von einem Administrator wiederbelebt werden, was dann auch prompt ein US-amerikanischer Kollege tat.
Dieses Vorgehen wurde auch auf Wikipedia dokumentiert. In der Historie des Artikels findet man viele Änderungen aus der fraglichen Zeit.
Negativ fällt auf, dass der bedrängte Administrator der Wikipedia nichts mit dem Artikel zu tun hat. Daraus lässt sich schließen, dass der DCRI diesen nur auswählte, weil man auf diesen als französischen Staatsbürger Zugriff hat.
Streisand-Effekt schlägt zurück
Womit der Geheimdienst wohl nicht rechnete ist der bekannten Sängerin Barbara Streisand wohlbekannt: Der nach ihr benannte Streisand-Effekt führte dazu, dass die Information, die der DCRI wohl gerne unterdrückt hätte, nun besonders viel Aufmerksamkeit bekam. Gleichzeitig wurde der Artikel innerhalb der Wikipedia bereits in rund 20 andere Sprachen, darunter Deutsch, Englisch, Spanisch, Russisch, Türkisch und sogar Alemannisch übersetzt. Mit jeder weiteren Übersetzung wird die Entfernung wohl schwieriger werden.
Die meisten dieser Übersetzungen tragen auch den Hinweis auf die Unterdrückungsversuche des Geheimdienstes.
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